In Solidarität mit Palästina (eng)

In Solidarität mit Palästina

Eine Stellungnahme wie diese mag sich überflüssig anfühlen, wie eine rein symbolische Geste. Normalerweise ist das Schreiben solcher Statements nichts was uns so sehr interessiert, aber durch die aktuelle Situation in Gaza und das Schweigen der meisten Anarchist*innen in Deutschland dazu, fühlen wir uns gezwungen zumindest dies zu tun. Wir hoffen damit Teil eines größeren Austauschs zu sein und Wege zu finden uns selbst in anti-kolonialen Kämpfen zu positionieren.

Der Kampf der Palästinenser*innen entstand nicht in den letzten Monaten, sondern ist ein über 70 Jahre andauernder Kampf gegen deren Auslöschung, für deren Land, Geschichte und um deren blanke Existenz.

Der Staat Israel ist ein Siedler*innenkolonialstaat, portraitiert durch den globalen Westen als ein „Leuchtturm im Dunkeln“ oder als „einzige Demokratie im Nahen Osten“ dessen Existenz und Ausbreitung auf Vertreibung und Genozid aufbaut. Wie alle Siedlerkolonialstaaten gründet es auf den von den Siedlern aufrechterhaltenen Machtsystemen, die die Rechte und die Kultur der indigenen Bevölkerung unterdrücken, sowie auf dem Diebstahl und der Ausbeutung ihres Landes. All dies ist notwendig, um die vollständige Zerstörung und Verdrängung der indigenen Bevölkerung zu erreichen, um sich selbst zu etablieren. Wir sehen diese Absichten klar in den Äußerungen verschiedener nicht nur israelischer Politiker, welche die vollständige Auslöschung Gazas fordern und stattdessen den Aufbau von Siedler*innenkolonien.

Die Besetzung Palästinas repräsentiert beides eine militärische Besetzung und ein modernes Apartheitssytem, selbst nach den Maßstäben der sogenannten „Demokratien“. Große Teile der Bevölkerung existieren als „Bürger*innen zweiter Klasse“ und fallen unter eine grunsätzlich andere Rechtssprechung als der jüdisch-israelische Teil der Bevölkerung. Zum Beispiel haben Palästinenser*innen nicht die selben „Wahlrechte“ oder werden ohne Gerichtsverfahren für unbestimmte Zeit in Verwaltungshaft gehalten.

Nichts von alledem wäre möglich ohne die ständige und zunehmende Entmenschlichung der Palästinenser*innen und der restlichen arabischen Welt, welche sich im Westen so großer Beliebtheit erfreut. Einmal mehr wird uns die alte Geschichte der „guten“, „zivilisierten“ Menschen gegen die „ach so grausamen Barbaren“ erzählt. Aussagen wie „menschliche Tiere“, „weniger als Menschen“ und „12 Jahre alte Terroristen“ mussten wir zuletzt aus den Mündern israelischer aber auch anderer Politiker vernehmen. Alles um ein Narrativ zu bedienen, dass so nützlich war für die Kriege des Westens in den letzten 20 Jahren.

Darüber hinaus sind die ständigen Anschuldigungen des Antisemitismus gegenüber allen, die den israelischen Staat kritisieren, ein hinterhältiger Manipulationversuch, der Israel den Status der ewig gerechten Opferrolle gewährt. Antizionismus und Antisemitismus sind nicht das Gleiche. Die Invasion wurde von erhöhter Repression gegen antizionistische, antikoloniale und anarchistische Jüd*innen selbst begleitet, vorallem in Israel und Deutschland.

 

Seit 16 Jahren ist Gaza im Belagerungszustand und seine 2 Millionen Einwohnende leben gefangen in etwas das auch als größtes Gefängnis der Welt beschrieben wird. Während deutsche Medien sich ausschliesslich auf den Angriff der Hamas am 7. Oktober und die verbleibendenen Geiseln beschränken, wird kaum über die vergangene und aktuelle Situation in Gaza gesprochen.

Seit 7. Oktober wurden mehr als 35000 Palästinenser*innen getötet. Menschen in Gaza leiden unter einer künstlichen Hungersnot, vorangetrieben durch Siedler*innen, welche aktiv Hilfskonvois blockieren. Mindestens die Hälfte der Bevölkerung verlor ihre Häuser und die kritische Infrastruktur Gazas wurde gezielt angegriffen, wie z.B. Krankenhäuser, Hilfsorganisationen, Presse und das Telekommunikationsnetz. Massengräber wurden entdeckt wie im Fall des Al Shifa Krankenhauses und durch israelische Whistleblower tauchen erschütternde Details über die Gefangenenlager auf. Wie können wir das Bauen einer Mauer und die dauerhafte Belagerung einer Stadt, während Zugang zu Essen und Wasser verhindert wird als etwas anderes als Genozid verstehen. Von wievielen Menschen die von Trümmern begraben werden müssen wir noch erfahren bevor wir das, was passiert beim Namen nennen?

Für alles eben Aufgezählte kann Israel selbstverständlich auf die Mithilfe des militärisch industriellen Komplexes seiner Geschwister im selbsternannten Westen zählen.

Deutschland zum Beispiel liefert mit Freuden Waffen und Munition für das andauernde Töten in Gaza. 2023 exportierte Deutschland militärische Güter im Wert von mehr als 300 Millionen Euro nach Israel, unter anderem Bomben und verschiedene Munition. Denn Deutschland ist der zweitgrößte Waffenlieferant Israels nach den USA. Für die deutsche Regierung und Kriegsindustrie geht es dabei nicht nur ums Geld. Deutschlands Kriegsindustrie soll „kriegstüchtig“ werden sagte jüngst der deutsche Kriegsminister. Was könnte da hilfreicher sein als andere Nationen und ihre Kriegstreiberei mit Waffen zu versorgen? Sie sind so versessen darauf, dass sie sogar Teile der israelischen Waffenkäufe selbst subventionieren. Außerdem versucht Deutschland so die Erzählung von “moralisch richtigen“ Kriegen weiterzuerzählen, die es uns schon im Kosovo, in Afghanistan und der Ukraine erzählen wollte.

An all die Menschen, die sich als Anarchist*innen versehen im sogenannten Deutschland: Nichts tun ist keine Option während die Kriegsmaschine rollt. Wir verstehen auch Schweigen als ein Statement. Wir können nicht ignorieren was um uns herum passiert, nur damit sich alle wohl fühlen und um Konflikte zu vermeiden oder weil wir nicht die perfekten Antworten haben. Diese menschenfressende Kriegsmaschine wird auch mit deutschen Waffen und Geldern angetrieben, also können wir hier tatsächlich einiges tun um sie zu stoppen. Aber während ein paar Anarchist*innen sich den Kämpfen anschliessen, bleiben die meisten auf Abstand und lassen somit die Kämpfenden allein während die Repression zuschlägt.

Noch zwei Dinge: Erstens, als Anarchist*innen unterstützen wir keinen Staat. Aber den Versuch aus dem größten Knast der Welt auszubrechen zu unterstützen oder sich einem Genozid in den Weg zu stellen, sollten Selbstverständlichkeiten sein.

Zweitens, der Austausch von Technologie und die Entwicklungen der israelischen Überwachungsindustrie betreffen uns alle und unsere Kämpfe und sollten gestoppt werden.

Erinnert ihr euch zum Beispiel an “Pegasus“?

Einige Anarchist*innen aus dem Hambacher Wald

 

In solidarity with the palestinian struggle

A statement like this might feel redundant, too symbolic of a gesture.Normally we don’t care too much about writing such statements but with the current situation in Gaza and the silence coming from most of the anarchists in Germany we feel compelled to at least do this. With it we hope to take part in a bigger dialogue and find ways to position ourselves in anti colonial struggles.

We also feel that the struggle of the Palestinian people didn’t just start the last months but has been ongoing for at least 70 years, as they have been fighting against their erasure, for their land, history and their very existence.

The state of Israel is a settler colonial state, portrayed by the global West as a “beacon of light” or the “only democracy in the middle east” it has based its existence and expansion on displacement and genocide. As any settler colonial state it finds its foundations in systems of power perpetuated by the settlers that repress the indigenous peoples rights and culture, as well as the theft and exploitation of their land. All this is necessary to achieve the complete destruction and replacement of the indigenous people in order to establish itself.
We see this clearly through various Israeli – and foreign- politicians asking for the complete annihilation of Gaza and the creation of settler
colonies in its place.

The occupation of Palestine is military. It is based as much in military occupation as in a modern day Apartheid system, even by the
standards of the so called “democratic” world. Vast parts of the population exist as “second class citizens” and are subjected to a radically different legal system than the Israeli Jewish population. For example not having the same voting “rights” or being held without a trial for uncertain amounts of time under administrative detention.None of this would be possible without the constant and increasing dehumanization of the Palestinians and the rest of the Arab world, that the West happily takes part in as well. It is once again the old tale of
the “good and civilized” people against “the cruel barbarians” we have told so often. Speech about “human animals”, “less than human” and “12 year old terrorists” that is actively being reproduced through the mouths of various politicians both Israeli and not, serves exactly the creation and perpetuation of this narrative, that is so useful to the West.

In addition the constant accusations of antisemitism levied toward any who critique the israeli state are an insidious sleight of hand that
places Israel in a category of perpetual righteous victimhood.Anti-zionism and antisemitism are not synonymous. The invasion has been
accompanied by heightened repression against anti-zionist, anticolonial
and anarchists Jews themselves, especially in Israel and Germany.

The city of Gaza has been under siege for 16 years, with its 2 million residents living in what is described as the worlds biggest prison. The
German media wants us to focus solely in the attack on the 7th of October led by Hamas and the remaining hostages. Little is being said
about the past but also the present situation.Since October 7th at least 35,000 Palestinians have been killed, people are faced with a man-made famine that is aided by the blockading of humanitarian aid by settler groups, at least half of the population of Gaza has lost their homes and infrastructure strategic to their survival is being targeted in the forms of hospitals, aid workers, press and telecommunications networks. Mass graves are being discovered like in the case of Al-Shifa hospital and horrowing details are emerging about the detainee
camps from Israeli wistleblowers. How could we understand building a wall and keeping a city under siege, while blocking access to food and water, other than genocide. How many bodys trapped under rubble we have witness until calling this what it is?

For all of this the Israeli state can of course count on the complicity of the military industrial complex of its siblings the self declared
West.Germany for example happily delivers weapons and ammunition for the ongoing killings in Gaza. In 2023 Germany exported military equipment worth over 300 million euros to Israel including bombs and ammunition of various kinds as they are the second biggest supplier after the US. For the German government and war industry the drive is for sure profit but not only that. Like the german war minister said they want to get the german war industry ready for war. What could be more helpful for this task than supplying other nations with weapons in their war efforts.They are so desperate for this to even subsidizing some of the Israeli weapon sales themselves. At the same time German politicians try to spread the narrative of “moral” wars like they did in Kosovo,Afghanistan and Ukraine.

To all the people that consider themselves anarchists in so called Germany, standing still while this war machine is rolling, is not an
option. We consider remaining silent as a statement in it self. We cannot ignore what is happening around us just in order to keep
everybody comfortable and avoid conflict or because we don´t have all the perfect answers. This human eating war machine is fueled by German money and German weapons, so we can actually do a lot to bring it to a stop and while a few anarchists join the struggle others let those fighting alone when repression hits.

And two more things, as anarchists we don´t support any state but supporting the attempt to break free from the biggest prison in the
world or opposing a genocide, should come without question. Secondly the exchange of tech and the developments in the Israeli intelligence industry affect all of us and our struggles and should be stopped.Do you remember for example “pegasus”?

Some anarchists from the squatted Hambacher forest

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Nihil

    Als Anarchist*in solidarisiere ich mich mit keinem (verhinderten) Land, egal ob Deutschland, Israel, der Ukraine, dem Baskenland oder Palästina.. Staaten. Staaten und Politiker*innen sind meine Freunde nicht. Solidariät mit Israel, Kurdistan oder was auch immmer, werdet ihr von mir nicht hören.

    Wovon ich mich aber nicht losspreche ist Empathie mit den Menschen, die bei Antideutschen und „Antiimps“ mir wesenfremd erscheint. Sonst wäre sie nicht so einseitig verteilt.

    Ihr werde bei mir keine Einseitigkeit finden, keine Entlastung von Schuld. Kein Schweigen über Tote. Keine Verharmlosung von Religionen. Keine Gefolgschaft zu Gruppen, die mit Anarchismus nichts gemein haben. Kein Ausklammern, keine Geschichtsklitterung im eigenen Sinne.

    Und damit fühle ich mich aktuell isoliert, wie nie zuvor.

    Der Traum von der sozialen Revolution (Spanien 36 gab´s mal kurz Hoffnung) mag ausgeträumt, die Welt in der wir leben scheint grauenhaft, aber alternativlos.

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